Magischer Moment unterm Banyanbaum

INDIEN, im Februar 2022.

Als heiligster Ort im Film Avatar gilt der “Baum der Seelen”. Hier können sich die Eingeborenen mit den Ahnen verbinden und alles beginnt zu leuchten. So fühle ich mich unter dem beeindruckenden Banyanbaum im indischen Dschungel. Es handelt sich um eine bengalische Feigenart. Der spirituelle Platz unterm Baum wird für Yoga, aber vielmehr für die tägliche Puja verwendet, das Ritual zur Verehrung der Götter.

Zwischen den Baumstämmen befindet sich ein hinduistischer Altar mit geschmückten Gottheiten, wie dem tanzenden Shiva, auch als Nataraj bekannt. Daneben steht ein von einer Schlange gesäumter Shiva-Lingam samt Yoni. Es symbolisiert die schöpferische Energie und Verschmelzung der männlichen (Shiva) mit der weiblichen (Shakti) Energie. Die Gottheiten werden stets mit frischen Blumenkränzen geschmückt. Ergänzt wird der Altar um Elemente, die für Arati, die abendliche Lichtzeremonie, gebraucht wird.

Der Baum schmiegt sich um den Platz und seine meterlangen Luftwurzeln hängen vom Himmel. Es ist ein Geflecht aus mehreren Stämmen und langen Ästen, die Mutter Natur hier geschaffen hat. Elegant erleuchtet wird diese “gestütze Baumkrone” von langen Lichterketten. Mittels Glockengeläut wird statt zum Primetime-TV zur Hausmesse gerufen. Die Yoga-Gruppe darf sich zur Familie gesellen, jeder ist willkommen um die Götter um das Wohl der Gemeinschaft zu bitten und ihnen zu danken. Vor Betreten des Platzes ziehen alle die Schuhe aus. Am Boden werden mehrere bunte Teppiche ausgebreitet. Es ist wichtig, die passende Unterlage für die Meditation zu wählen, lässt uns der Hausherr wissen. Er ist Brahmane, Inder der höchsten Kaste, ausgebildet als Priester, Ayurveda- und Sanskritmeister. Eine Yogamatte lässt die Energien nicht fließen, daher der Teppich (Schafwolle geht auch), lernen wir. Das Ritual beginnt im Schneidersitz.

Stille. Dann wird gechantet. Viele Worte in Sanskrit werden blitzschnell aneinandergereiht, das Gebet zur Festivität. Für Westler klingt es wie eine geheime Botschaft. Die Hindus verbinden sich mit den Göttern. Der Gesang wird fröhlicher, alle erheben sich. Glocke und Zimbel werden rhythmisch geschlagen. Bei Arati bringt man Licht in die Dunkelheit. Es folgt die Reinigung mittels Lichtdusche. Der Priester geht mit dem Feuer in der Lampe von Person zu Person, und wir streichen uns symbolisch damit dreimal über den Kopf. Danach erfolgt eine tiefe Verneigung am Boden. Die Gruppe klatscht und singt mit, “jaya, jaya shiva shambo”. Dann werden wir ähnlich der Kirche mit Wasser geweiht. Wenn Arati beendet ist, verlässt die Familie den Platz zur Nachtruhe. Wir bleiben mit dem indischen Meister noch beisammen zum exklusiven Satsang.

Wir chanten das weltweit größte Friedensmantra. Ich versinke in eine tiefe Meditation. Eine Luftwurzel berührt mich, ich verbinde mich mit der Natur. Wie in Avatar. Es glitzert und leuchtet unbemerkt. Liebe und Friede breitet sich in mir aus.

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