Social Media Detox

Ein Selbstexperiment

Wir schreiben Fastenzeit und Energieferien 2024. Anlassbezogen, und weil sowohl Körper als auch Geist nach Ruhe dürsten, beschließe ich mir eine Auszeit zu nehmen: Eine Energie-Auflade-Auszeit. Oder in diesem Falle, eine Woche ohne Instagram, Facebook, LinkedIn und ORF Nachrichten auf meinem Smartphone zu verbringen.

Ich habe es nicht nur online angekündigt, sondern auch konsequent die Apps deinstalliert. Das Ganze mache ich ja schließlich für mich, oder? Sagts, und ertappt sich dabei, wie sie sich in Kürze selbst austrickst.


Mein Geist wird erfinderisch.

An Tag Eins ertappe ich mich doch tatsächlich, wie ich über meinen Laptop die Logins zu Instagram und Facebook wähle, um zu sehen, wer mein Posting zum Detox geliked hat. Ist das nicht pervers? Welche Erwartung setze ich dahinter oder welche Befriedigung erfolgt dadurch? Es ist einfach eine nicht mehr hinterfragte Gewohnheit geworden.


Unmittelbar fällt mir auf, dass ich für gewöhnlich in vielen freien oder vermeintlich „langweiligen“ Minuten eine, oder in der genannten Reihenfolge ALLE dieser Apps nach der Reihe aufrufe, um durchzuscrollen. Meist beginnt das Spiel direkt nach dem Aufwachen. Ich habe noch kein achtsames, yogisches Morgenritual vorgenommen, ich habe noch kein Glas Wasser getrunken. Ich habe lediglich den Handywecker abgedreht und das Unding aus dem Nebenraum geholt. Das einzig smarte zu diesem Zeitpunkt ist nur das -Phone.

Prompt hänge ich schon draußen im World Wide Spider-Web. Reize fließen mir zu, Gedanken werden gewälzt, Emotionen geweckt. Neugierde, Erstaunen, Angst, Neid, inneres Distanzieren oder Involvieren je nach Thema. Ich bin überfordert und zugemüllt, bevor ich überhaupt das Sandmännchen aus meinen Augen gewischt habe.

Was tue ich mir mit diesem digitalen „Sozialverhalten“ eigentlich an?

  1. Erkenntnis: Ich wische in jeder freien Minute zwischen sozialen Medien herum.

  2. Erkenntnis: Ich nehme das Smartphone dafür überall hin mit, wie einen verlängerten Arm

  3. Erkenntnis: Gedankenkreisen beginnt. Ich stelle Vergleiche an, fühle mich aufgrund mangelnder Follower-Zahlen (im Vergleich zu…) in meinem Wirken geringgeschätzt, begebe mich in eine Selbstwert-Schleife, frage mich, welchen Content ich überhaupt authentisch bringen kann und wer sich das ansieht.

  4. Erkenntnis: Soziale Medien Detox ich noch kein allgemeines Handy Detox, es ginge noch konsequenter.

  5. Erkenntnis: Auch Whats-App hätte pausieren müssen.

  6. Erkenntnis: Gott sei Dank bin ich noch kein Tik-Tok-Opfer.

  7. Erkenntnis: Wo hören soziale Medien auf und wo fängt das Sozialleben in echt wieder an?

  8. Erkenntnis: wo hört die Realität auf, und wo beginnt die Scheinwelt? Was ist überhaupt noch echt, oder nur noch KI gesteuert, „Fake-Account“ oder Betrugsmasche?

Früher hat das Internet mehr Spass gemacht, als es beim Verbinden noch Geräusche machte.
— allesachtsam

Schon lange beschäftigt mich, welches Medium meine Inhalte an welche Zielgruppe am nachhaltigsten transportiert. Vielleicht könnt ihr mir in den Kommentaren dabei behilflich sein? Das wäre großartig. Als selbstständige Einzelunternehmerin sehe ich mich nämlich nicht in der Lage, ALL diese Medien richtig und permanent zu bespielen.

Ich habe einen privaten Instagram Account und einen Instagram Business Account. Einen privaten Facebook Account und einen Facebook Business Account. Dann gibt es noch den LinkedIn Account, selbstverständlich meine Website, deren Blog, eine eigene Whatsapp-Gruppe für allesachtsam Interessierte und Kund:innen. Wir vergessen nicht die Whatsapp Status Möglichkeit und viele weitere Whatsapp Subgruppen zur Kursorganisation oder für Freizeit- oder Ausbildungsgruppen.

Verwirklichen könne man sich auch noch über Telegram im Einzelkanal oder weiteren Gruppen, und so weiter und so fort. Auf den TikTok Zug bin ich nicht aufgesprungen und auch Insta Threads klopft an. Wir können der Liste noch Spiele-Apps hinzufügen, Dating-Plattformen und so weiter und so weiter. Je nach Interesse, gibt es Apps mit Funktionen des direkten Austausches.

Hier gehts zu den aktuellen Social Media Auftritten von allesachtsam :-)

Was ist der Nutzen aus all diesen Plattformen für mich, bzw. für mein Business?

  • Sichtbarkeit: wie sichtbar möchte ich sein, wo und wie häufig?

  • Struktur: Braucht es einen ausgeklügelten Social Media Plan oder reicht ein „organisches“ Posting, also strukturelles Vorgehen versus Inhalte nach Lust und Laune nach außen zu tragen?

  • Inhalt: Welcher Content interessiert welche User:innen? Welcher interessiert mich? Was davon transportiert wirklich einen Mehrwert?

  • Emotionen und Gedankenkreise: Was macht dieser Content mit mir?

  • Kanal: Wo kann ich authentisch mein Selbst am besten präsentieren? Wo den Werten der Qualität und Achtsamkeit treu bleiben und dennoch Sichtbarkeit erlangen… für andere zugänglich sein?

Oft ermüdet und überfordert mich diese virtuelle Blase. Irgendwann hielt ich mich auch dort unweigerlich in einer Nische auf. Der Algorithmus ist zwar undurchschaubar, bringt aber am Ende immer mehr vom Selben. Was bleibt der Diversität von des echten Lebens?

Wo bin ich gerne präsent?

Ich liebe den persönlichen Kontakt zu Menschen, Mundpropaganda, man sagt, ich sei gut im Netzwerken. Ich bin ein haptischer und visueller Typ, liebe Printmedien, Plakate und gute Flyer zum Mitnachhause nehmen. Vielleicht bin ich altmodisch geworden oder nur alt 😊. Heute habe ich in meiner Schreibtischlade Postkarten und Briefe gefunden. Freunde, Studienkollegen und Austauschstudenten haben sie mir geschrieben von Costa Rica bis Australien. Auch Karten von eigenen Reisen an die Familie waren dabei. Handgeschrieben, um die Welt geschickt. Diese Qualität und diese Langsamkeit fehlt mir. Der soziale Medienschwall überrollt mich.

Vermutlich kann ich mich deshalb so mit Achtsamkeit, Qualität und Reduktion, einer gewissen Ruhe und Lautlosigkeit wohlfühlen. Zuhause läuft kein Radio, kein Fernsehen. Musik, Podcasts und Filme werden selektiv abgespielt. Ein achtsamer Konsum, außer auf den genannten Plattformen.

Was sind meine Beweggründe, um dort überhaupt präsent zu sein? Wann wurden diese Plattformen vom Freunde-Buch (Facebook), wo es als uncool galt, Unmengen an „Freunden“ anzusammeln, zum Follower-Magnet?

Begonnen haben soziale Netzwerke für mich als ebendiese, als Netzwerke über Länder hinweg, eben ein World-Wide-Web. Ich konnte mit Studienfreunden aus anderen Ländern chatten, blieb über Jahre mit alten Schulfreunden in Kontakt und die Plattform hat bei den Geburtstagen mitgedacht. Nun finde ich mich in einer Werbe-Maschinerie wieder. Jedes Mal, wenn ich online bin, wird mir ein Mangel suggeriert, um mir in weiterer Folge zu zeigen, was ich kaufen müsste, um diesen zu beheben: ein Seminar, ein Buch, ein neues Kartenset, eine Ausbildung, usw. Habe ich beim Fernseher während der Werbepause früher immer den Ton weggeklickt, trete ich hier in jeder Minute in eine endlose Schleife kurzer Spots freiwillig ein.

Wie freiwillig, finde ich soeben heraus. Es hat mich eingesogen, und zwar mehr, als mir lieb ist. Heute habe ich dieses Phänomen mit Freundinnen diskutiert. Nachdem man mich fragte, ob ich dieses oder jenes Reel heute schon gesehen hätte, ob ich meine Insta Nachrichten schon abgerufen hätte und wie viele Views denn der letzte Post gehabt hätte, blieb mir nur zu sagen, dass ich es nicht weiß. Ich hatte die Apps deinstalliert und fühlte mich „sozial isoliert“. Ehrlicherweise fühle ich mich auch bereits etwas ausgeglichener und erleichtert, mich wieder in mein Hier und Jetzt Leben einzufügen.

Social Media Fasten bedeutet also für mich, meine freien Minuten wirklich als solche wahrzunehmen und zu genießen, die Hand frei zu haben und auch wieder Lange-Weile aushalten zu dürfen. Ich merke, wie ich einfach Gedankenverloren zum Fenster hinausblicke in den Garten und mir dann die Wolken genauer ansehe. Herrlich, oder?

Mögliche Maßnahmen

Als gelernte Qualitäts- und Prozessmanagerin kann ich natürlich nicht umhin, diesem Selbstexperiment auch konkrete Maßnahmen folgen zu lassen. Ein breites Lächeln sei an dieser Stelle gestattet.

  • Accounts reduzieren, Klasse statt Masse.

  • Fragen und Antworten ausarbeiten – was will ich wann und wo konsumieren, transportieren, kommunizieren und mit/an wen

  • Präsenz planen, nur zu explizit festgelegten Zeiten einloggen und nicht dauernd „zwischendurch“ (Erziehungsmaßnahme von mir an mich 😊) oder während ich gerade einer anderen Tätigkeit nachgehe. Achtsamkeit für den Moment statt Autopilot und Gedanken-Hamsterrad.

  • Den Teil mit der Freude wieder erlebbar machen, die positiven Aspekte hervorkehren, sobald Selbstkritik entsteht, weg damit – nicht jeder Trigger schreit nach tiefenpsychologischer Langzeitbetreuung.

  • Der Name ist Programm, das Netzwerk leben wo es Sinn macht

  • Der Inhalt fließt aus mir, entspricht meiner Kreativität und Integrität, den passenden Kanal dazu darf ich mir aussuchen, nicht umgekehrt.

Soziale Medien sind für mich auch wertvolle Instrumente, Informationen über meine Dienstleistungen einfach zugänglich zu machen. Das, was am meisten stört, kann im Umkehrschluss auch das sein, was am meisten hilft. Es ist ein Weg kostenfrei oder mit überschaubarem Kostenaufwand Marketing zu betreiben und Interessierte zu erreichen. Im Gegenzug ist es eine Variante, leicht an Veranstaltungsinformationen zu kommen, neue Kooperationen zu starten und sich in Themengebiete einzufinden.

Wenn es aber zum Zeitvertreib wird, der negative Emotionen auslöst, uns im Alltag asozial werden lässt und diese wertvollen, gedankenleeren, freien Minuten zwischendurch raubt – ist Obacht angesagt. Den ORF habe ich übrigens gar nicht vermisst. Instagram ist retour am Handy, Facebook nur am Laptop.  Mal sehen, wie sich diese Nachdenkphase nun entpuppt. Am wichtigsten ist mir jedenfalls, dass ihr euch auf meiner Website und im Blog wohlfühlt - der authentischste und wahrhaftigste Ausdruck meiner selbst.

Versuchs doch mal mit Social Media Detox. Follower gesucht 😉  

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