Kundalini Intensiv Workshop

Was ist eigentlich Kundalini Yoga? Ich habe ja immer von der Schlange gehört, aber wo zischt sie und wie kann ich sie erwecken? Gleich vorweg merke ich, dieser Workshop ist nichts für Flach-Atmer und Schnell-Aufgeber:innen. Es ist ein rundum energetisch reinigendes und transformierendes Unterfangen.

Um besser zu verstehen, auf welch feinstofflicher Ebene wir uns befinden, beginne ich mit den verschiedenen Energiekörpern gemäß Upanishaden. Je besser wir diese reinhalten, umso klarer kommt das wahre Selbst und deine Essenz zum Vorschein. So hat uns auch Manuel Hirning, der Ausbildungsleiter und Tantra-Kundalini-Koryphäe im deutschsprachigen Raum, auf den 4-tägigen Deep-dive im Yogazentrum Mödling eingestimmt.

Im Yoga sind diese Energiekörper auch bekannt als Pancha Koshas (fünf Hüllen) oder “Körperschichten”. Der Zwiebel-Look sieht folgendermaßen aus:

  • ANNAMAYA KOSHA (physische Hülle, Nahrung), betrifft unseren Körper, Organe, Nahrung und Stoffwechsel, Atem, Immunsystem, Hormon- und Nervensystem

    • achte darauf, wie du dich ernährst, nicht nur bei Lebensmitteln auch medial, Umgebung, soziale Kontakte etc.

  • PRANAMAYA KOSHA (vitale Hülle, Astralkörper, energetische Ebene), betrifft unsere Lebenskraft und Resilienz, Lenkung und Haushalten unserer Energie, Ausdauer, Schwung, Regeneration, persönliche Ressourcen

    • hier arbeiten wir mit Prana (= Energie) durch Atemlenkung und den Chakren (= Energiezentren) um aus Maya (= Illusion und Dualität) auszusteigen —> folglich der Fokus des Kundalini Workshops, wohin fließt deine Energie?

  • MANOMAYA KOSHA (emotionale Hülle, Geist), betrifft unsere Sinneswahrnehmungen, Trigger, Wünsche, Neigungen und Bedürfnisse, Ängste, Vorlieben und Abneigungen, Stress, Karma

    • Struktur und Gewohnheiten etablieren, Sinneswahrnehmung schärfen durch Rituale, Kirtans, Pujas, Satsang

  • VIJNANAMAYA KOSHA (intellektuelle Hülle, Erkenntnis) betrifft klare Entscheidungen und bewusstes Handeln, Wissen, Kreativität und Intuition, Vernunft

    • Geschärfte Wahrnehmung und Klarheit im Leben durch Meditation

  • ANANDAMAYA KOSHA (Hülle der Glückseligkeit, Weisheit), betrifft die feinste Ebene, Stille und Harmonie, Tiefenentspannung und Meditation, höchste Stufe der Erleuchtung Samadhi

    • Erleuchtung durch Stille, Reinigung, Konsequenz; alle 5 Ebenen durchdringen sich gegenseitig

Alles ist Energie und alles ist verbunden

Alles im Körper und in der Welt ist im Grunde Energie. Wunderlich, dass die Energiekosten im Außen derzeit so steigen und die kostbare Energie des Individuums sinkt.

Willst du nun deine eigene Energie auch steigen lassen, dein Bewusst-SEIN heben, so ist dein Weg nicht durch das Hamsterrad, sondern über das Energierad, besser gesagt die Energieräder - Chakren. Vom Wurzel- bis zum Kronenchakra arbeiten wir in den meisten Yogakursen mit 7 Chakren. Wurzelchakra, Sakralchakra, Solarplexus verbinden dich mit dem Weltlichen. Kehlkopf, 3. Auge und Kronenchakra mit dem Universellen. In der Mitte steht das Herzchakra und verbindet die Welt der unteren drei Chakren mit dem Universellen der oberen 3 Chakren in deiner Körpermitte. Das schlafende Energiepotenzial (Kundalini) schlummert im ersten und zweiten Chakra.

  • MULADHARA - Wurzelchakra, Mantra LAM, Yantra ocker-gelbes Quadrat, (oder Farbe rot)

  • SVADHISTANA - Nabelchakra, Mantra VAM, Yantra silbrig-weiße Mondsichel, (oder Farbe orange)

  • SOLARPLEXUS - Sonnengeflecht, Mantra RAM, Yantra orange-rotes nach unten zeigendes Dreieck, (oder Farbe gelb)

  • ANAHATA - Herzchakra, Mantra YAM, Yantra grau-blauer Stern mit zwei übereinander liegenden Dreiecken, (oder Farbe grün)

  • VISHUDDHA - Kehlkopfchakra, Mantra HAM, Yantra violettes Dreieck nach unten zeigend mit silbrig-weißem Kreis, (oder Farbe königsblau)

  • AJNA - Stirn oder 3. Auge, Mantra OM, Yantra silbriger Kreis mit weißem nach unten zeigenden Dreieck, (oder Farbe hellblau)

  • SAHASRARA - Kronenchakra, kein Bija-Mantra - Begriff Sahasrara, Sichel als Tor zum Non-Dualen

Jedem Chakra ist eine Farbe zugeordnet. Die bekannteste Form davon sind die Regenbogenfarben. Im Workshop weicht die Farbgebung jedoch ab. Weshalb, habe ich noch nicht herausgefunden.

Männlich, Weiblich, Superkraft

Weiter im Yoga Fachjargon ist es noch wichtig zu wissen, dass unsere 7 bekanntesten Energieräder jeweils Kreuzungen darstellen. Hier begegnen sich die weibliche Energie aus dem Energiekanal Ida und die männliche Energie aus dem Energiekanal Pingala im Feuer- und Hauptenergiekanal Sushumna, sozusagen unserer Wirbelsäule.

  • IDA NADI = Mondkanal (THA), kühlende und weibliche Energie, beginnt links im Wurzelchakra, führt durch das linke Nasenloch, endet im 3. Auge

  • PINGALA NADI = Sonnenkanal (HA), erhitzende und männliche Energie, beginnt rechts im Wurzelchakra, führt durch das rechte Nasenloch, endet im 3. Auge

  • SHUSHUMNA NADI = Feuerkanal, Einheit von Sonne und Mond, hier entspringt die KUNDALINI, unser schlafendes Potenzial, die “Schlange”, führt entlang der Wirbelsäule.

Wer ins Nirvana will, muss die Schlange beschwören

Die Schlange erwecken wir im Workshop zwar nicht, wie die Schlangenbeschwörer in Marrakesch, aber durchaus mit vollem Einsatz: mit intensiven Atemtechniken gepaart mit Bandhas (Verschlüssen), Visualisierungen von Yantras (Darstellung, Diagramm), Hören von Mantras (Liedtexte), praktizieren von Asanas (Körperübungen), dem Einhalten spiritueller Stille, Mauna (Schweigen) und bewegter sowie stiller Meditation.

Manuel chantet Sanskrit, bedient sich lauter und leiser Anweisungen und präziser Wiederholungen. Wenn du denkst, du atmest schon dein ganzes Leben, dann hast du noch nie so bewusst geatmet wie hier. Atmen bis zur Ekstase. Der Tagesablauf beinhaltet fast 3 Stunden reine Atemtechnik und die übrige Zeit eine intensive Asana Praxis. Oft werden Asanas für einige Minuten gehalten, auch typisch für Kundalini Yoga. Mir wird heiß und die Energie fließt und schießt durch meinen Körper. Die Energie der Gruppe potenziert sich Gruppendynamik im Raum. Ordentlich lüften? Fehlanzeige! Die Energie soll bleiben. Puh. Die einzigen Winde, die hier wehen, sind die Vayus.

Noch eine Station im Yogalexikon:

Prana-Energie strömt in verschiedenen Richtungen durch den Körper. Das lehrte mir auch schon mein Aufenthalt in Indien letztes Jahr. Es gibt aufströmende und hinabströmende Winde und in der Körpermitte vereinen sie sich zu einem kleinen Wirbelsturm. Mithilfe der Atemtechnik Agni Sara (Feuerreinigung) schickst du dann noch deine Bauchorgane ins Rennen, bis ihnen “schwindlig wird”. Mit Pranayama setzt du sozusagen die Segel und lenkst deine Vayus.

Atemlos durch die Nacht?

Atmen, halten, Verschlüsse setzen, ausatmen, halten, Verschlüsse setzen, Bauchdecke zum Beben bringen und weiter gehts. Mitten im Workshop geben zwei Teilnehmerinnen auf, weil es ihnen zu intensiv geworden ist. Ein Teilnehmer schwebt scho in seiner eigenen Sphäre und zittert. Nicht umsonst wurde in der Vorbereitung darauf hingewiesen, man möge sich mit Enthaltsamkeit und Fasten auf den Workshop vorbereiten und keinesfalls auf Psychopharmaka eingestellt sein. Wusstest du, dass Kaffee die erergetischen Winde in deinem Körper auf keine gute Art zerstreut und bei deiner Praxis gar nicht förderlich ist? Vielleicht erweckt das Koffein dich am Morgen, aber die Kundalini Schlange trinkt Tee! Auch empfehlenswert an dieser Stelle ist Lupinen-Kaffee, so habe ich mein Monkey-Mind ausgetrickst.

Alles fließt - Panta rhei

Am nächsten Morgen steigt die Intensität des Kurses weiter. Mittlerweile praktizieren wir 20 Runden Sonnengruß mit geschlossenen Augen ohne Probleme. Alles fließt fast wie von selbst. In meiner Körpermitte ist es heiß, als wäre meine Wirbelsäule wirklich ein glühender Kanal. Meine Extremitäten hingegen sind kalt geworden. - Wir müssen uns unbedingt erden - wer nach oben fliegt, braucht ja irgendwann auch wieder Boden unter den Füßen, erklärt der Workshopleiter. Also finde ich mich an einem kalten, regnerischen Oktober-Abend barfuß in der nassen Wiese wieder. Unter meinen Fußsohlen fühlt es sich an wie ein Funkenflug und ich mich wie ein erleuchteter Yogi mitten im Garten meiner Unterkunft in Achau bei Mödling. Dann überkommt mich die Vorfreude auf eine heiße Dusche. Wobei heiß, oder doch lieber kalt? Rechts und links ist mir kalt und in der Mitte glühe ich. Es wird wohl ein Wechselbad, nicht nur der Gefühle.

Schärfung der Sinne

Ich weiß nicht, wie wir das geschafft haben, aber nach viereinhalb Tagen sind wir energetisiert, durchgeputzt, glühend, schwebend und überwältigt. Die Kanäle sind offen, die Chakren routieren wie das Karussell am Kirtag und die Sinne sind geschäft. Als ich mit meiner Matten-Nachbarin einen abschließenden Spaziergang durch den wundervollen Park des Schlosses Hunyadi in Mödling mache, fühlen wir uns, als hätten wir etwas eingenommen. Dabei haben wir ja “NUR” geatmet?

Die Farben erscheinen greller, die Konturen schärfer, die Düfte intensiver. Wir grinsen uns an und düsen dann wie beschwipst nachhause. Obacht, wie du dann die nächsten Tage verbringst so stark geöffnet, ist es ratsam erstmal wieder zu dir zu kommen und Innenschau zu halten, bevor du Energien von außen Zutritt gewährst wie beim einem Tag der offenen Tür.

Danke, lieber Manuel, für diese außerordentliche Erfahrung und danke ans Yogazentrum Mödling.

Quellen: Mitschriften Workshop, YTT Conscious Yoga Academy, Buch: YOGA von Wanda Badwal, yogavidya.de, fuckluckygohappy.de, eddy-gonzales.de

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